Sepak Takraw: Sport oder Pokémon?

 

von Hannah Wolff

Spagat in der Luft: Kim I-seul spielt den Ball bei den Asian Games 2014 spektakulär über das Netz.© Korea Flickr (https://www.flickr.com/people/42438955@N05)

Spagat in der Luft: Kim I-seul spielt den Ball bei den Asian Games 2014 spektakulär über das Netz.

© Korea Flickr (https://www.flickr.com/people/42438955@N05)


Wer vor dem Start einer Partie Sepak Takraw im Publikum sitzt ohne den Sport zu kennen, könnte auf die Idee kommen ein Badminton-Duell zu beobachten. Der Name der Sportart erinnert vielleicht sogar eher an ein Pokémon. Doch schnell wird klar: Dies ist ein ernstzunehmender Sport. Die Parallelen zu Badminton sind offensichtlich. Die Feldgröße stimmt exakt überein und auch die Netzhöhe gleicht der des Badmintons bis auf wenige Zentimeter. Doch dann stellen sich drei Spieler*innen auf jede Seite des Netzes - ohne Schläger. Stattdessen haben sie einen geflochtenen Ball dabei, der deutlich kleiner ist als ein Volleyball und aus Kunststoff oder Rattan gefertigt ist. So erklärt sich auch der Name des Sports. Takraw steht in der thailändischen Sprache nämlich für den geflochtenen Ball und Sepak bedeutet auf malaiisch treten oder schießen. Der Name setzt sich also aus den Sprachen der beiden Herkunftsländer zusammen und hat nichts mit den popkulturellen Taschenmonstern zu tun.

Ähnlich wie beim Volleyball ist es das Ziel, den Ball mit drei Berührungen oder weniger auf die andere Seite des Netzes zu spielen. Allerdings nicht mit Händen und Armen, sondern in der Regel mit den Füßen. Erlaubt sind außerdem Berührungen mit anderen Körperteilen wie Knie, Brust oder Kopf. Um den Ball möglichst druckvoll über das Netz zu schlagen, ist es sinnvoll ihn von oben zu treffen. Nicht selten kommt es dabei zu spektakulären Aktionen. Mit akrobatischen Glanzleistungen wie einem vertikalen Spagat oder einen Fallrückzieher wird der Ball über das Netz gespielt. Das gegnerische Team versucht gleichzeitig den Ball mit den Füßen am Netz zu blocken oder anzunehmen und zu retournieren. Sieger ist, wer zuerst zwei Gewinnsätze à 15 Punkte für sich entscheiden kann. 

Kolonialisierung veränderte den Sport

Während Sepak Takraw in Europa noch wenig bekannt ist, erfreut sich der Sport in Südostasien großer Beliebtheit. Dies ist auch gar nicht verwunderlich, stammt der Spiel doch aus der Region. Schon im 16. Jahrhundert spielten die Bewohner Malaysias, Thailands und einiger benachbarter Länder eine Variante des Sports. Sie standen im Kreis und versuchten gemeinsam einen Rattanball so lange wie möglich in der Luft zu halten, ohne die Hände zu benutzen. Die heutige Form des Sports entstand im Zuge der Kolonialisierung. Mit den britischen Kolonialherren kamen auch der Badminton-Sport und seine Felder nach Malaysia. Die Vermutung liegt nahe, dass einige Malaysier im 20. Jahrhundert auf die Idee gekommen sind, ihren traditionellen Sport auf die Felder der Briten zu übertragen. Die neue Spielform breitete sich von Malaysia über ganz Südostasien aus. Im Zuge der Standardisierung des Sports wurde die Asian Sepak Takraw Federation (ASTAF) gegründet. Als diese Organisation 1984 beschloss, die traditionellen Rattanbälle durch Kunststoffbälle zu ersetzen, ebnete sie den Weg für die weitere Internationalisierung des Sports.  

Seit 2011 findet alle vier Jahre die Weltmeisterschaft statt. Bislang hat Thailand jede Austragung gewonnen - sowohl bei den Damen als auch bei den Herren. Ein nicht-asiatisches Team ist noch nie unter die Top 4 gekommen. Das könnte sich in Zukunft jedoch ändern. Außerhalb Asiens hat sich Deutschland zu einem Vorreiter des Sports entwickelt. Während bisher mit Takraw Cologne ‘03 stets ein deutsches Team die europäische Clubmeisterschaft Euro-Series für sich entschieden hat, blieben die großen Erfolge auf weltweiter Bühne noch aus. 2021 findet die nächste Weltmeisterschaft statt. Wer weiß, vielleicht schafft die deutsche Vertretung dann als erstes nicht-asiatisches Team den Einzug in ein kleines oder großes Finale.

Schau dir an, wie Sepak Takraw in Bewegung aussieht.

 

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