Unpopulärer Sport im Lockdown: „Wir sind optimistisch!“

 

von Daniel Knoke

Nicht im Wasser, aber trotzdem in der Waagerechten, wird beim TCO Weinheim Online trainiert. Foto: Conrad Wagner

Nicht im Wasser, aber trotzdem in der Waagerechten, wird beim TCO Weinheim Online trainiert.
Foto: Conrad Wagner


Wer zu viert in einer Roundnet-WG lebt, hat Glück gehabt. Vier Personen aus einem gemeinsamen Haushalt dürfen schließlich ohne Restriktionen auch im aktuellen Lockdown Sport treiben. Da beim Roundnet vier Personen zur Ausübung des Sports reichen, können sich diese Roundnet-WGs, von denen Philipp Kessel (Roundnet Germany) berichtet, derzeit glücklich schätzen. Ähnlich sieht es im Padel aus. Dort gibt es offenbar einige Glückliche, die vor dem Lockdown ins Ausland geflohen sind und nun, nicht nur sprichwörtlich, auf der Sonnenseite des Lebens stehen. „Auf den Kanaren zum Beispiel können diese Spieler jetzt weitgehend ungehindert ihren Sport ausüben“, weiß Uwe Diener (Vorstand Deutscher Padel Verband) zu berichten.

Roundnet und Padel haben natürlich einen großen Vorteil gegenüber anderen unpopulären Sportarten: Es sind nur jeweils vier Personen für ein Spiel notwendig. Doch wie sieht es abseits von Roundnet und Padel aus? Hier zeigt sich, dass Kreativität gefragt ist. Im Unterwasserhockey zum Beispiel ist es natürlich besonders schwierig sportartspezifisch zu trainieren - ganz ohne die Möglichkeit ins Wasser zu gehen. Conrad Wagner vom TCO Weinheim, der die MUS-Fragen für seine Sportart beantwortet, weiß worauf es beim Training in der Pandemie ankommt. “Zunächst lag der Fokus beim Online-Training vor allem auf Fitness, mit Kraft- und Stabilisationsübungen. Aber für das Unterwasser-Hockey sind Apnoeübungen und das Training mit dem Puck ein absolutes MUS”, betont Wagner (Anm. d. Red: Große Freude in der MUS-Redaktion über diese drei Buchstaben). Er erklärt, dass man für die Pucktrainings einfach auf dem Boden liegt: “Wir machen dann verschiedene Übungen auf dem Boden, um das Spielgefühl nicht zu verlieren.”

Die Stichworte Online und Training sind auch im Quidditch derzeit sehr aktuell. Dort wird momentan die Deutsche Impfmeisterschaft ausgetragen, wo mit Fitnesstraining Punkte für eine Corona-Version von Schiffeversenken gesammelt werden. 32 Teams haben sich angemeldet und tatsächlich hat dieses Turnier auch in der MUS-Redaktion den einen oder anderen Sportmuffel zum Sport getrieben. Sätze wie “Ich hab für die Impfmeisterschaft extra mein Fahrrad reparieren lassen” oder “Ich bin noch nie so viel Joggen gegangen” sind keine Seltenheit. Vom Münchner Team fiel sogar der Satz: “Für ein echtes Turnier würden wir niemals so viel Sport machen.” 

Es zeigt sich also, dass ein, wie auch immer genau gestalteter, Wettbewerb auf jeden Fall viel mehr zum Sport motiviert als “nur” ein einfaches Online-Training. Diese Erfahrung kann Philipp Gross vom Ligaausschuss Einradhockey bestätigen. Im Einradhockey gibt es seit November die Kilometer-Challenge. Dabei geht es darum, für das eigene Team möglichst viele Kilometer mit dem Einrad zurückzulegen. “Wir haben den Wettkampf auf die Straße verlegt”, erzählt Gross, der seinen Sport ja normalerweise in der Sporthalle ausübt. Bei der Challenge haben die Teams sechs Wochen Zeit, um so viele Kilometer wie möglich zu fahren und sich dabei mit allen anderen Teams zu messen. “Die Aktion hat großen Spaß und Ehrgeiz hervorgerufen”, freut sich Gross. So manch einer sei auch nach der Challenge noch draußen auf dem Einrad unterwegs gewesen.

Ähnlich kreativ zeigt sich die Rollerderby-Community. Dort wird die freie Zeit genutzt, um mit einer Ref-School die Fähigkeiten der Unparteiischen zu trainieren. „In der Ref-School wird gemeinsam einmal wöchentlich Footage analysiert, die Augen geschult und Regeln diskutiert“, erklärt Val Kyria, die bei Rollerderby Germany für die Pressearbeit zuständig ist.

Doch nicht nur beim Rollerderby wird die sportfreie Zeit genutzt, um den Sport als solchen allgemein voranzubringen und die Rahmenbedingungen zu verbessern. Auch im Kin-Ball werden im Hintergrund Konzepte entwickelt, um gestärkt aus der Pandemie herauszukommen und den Sport weiter zu verbreiten. Sponsoring, Schiedsrichterwesen und Kommunikation nennt Dennis Merscher, Vizepräsident des Verbands, als diesbezügliche Themen.

Im Roundnet ist sogar ein echter Meilenstein in der Lockdown-Zeit erreicht worden. Deutschland hat jetzt einen nationalen Roundnetverband. „Wir haben da zur Mitarbeit in verschiedensten Themenbereichen aufgerufen und eine richtig positive Resonanz erhalten“, sagt Philipp Kessel zur Verbandsgründung. Er sieht die Corona-Zeit unter dem Motto: „Plan now, play later!“

Die gelungene Verbandsgründung lässt Kessel auch optimistisch in die Zukunft schauen. Es seien jetzt nicht mehr nur die „fünf Kölner Jungs“, sondern „viele tolle Menschen aus dem ganzen Land“, die sich für Roundnet in Deutschland engagieren. So sei es auch gelungen, dass „Deutschland auf der Roundnet-Weltkarte an Power gewonnen hat“. Ähnlich optimistisch blickt Dennis Merscher für seinen Sport Kin-Ball in die Zukunft. Nachrichten von Spielern, die wieder Lust haben zu spielen oder neue Vereine, die sich nach dem Lockdown gründen wollen, geben ihm Hoffnung.

Überhaupt zeigt sich, dass viele Sportarten weit davon entfernt sind, nach Monaten des Verbots von Wettkampsport und Training die sprichwörtliche Flinte ins Korn zu werfen. Im Gegenteil: „Wir als Sportler sind immer optimistisch“, bringt es Uwe Diener auf den Punkt. „Mit der fortschreitenden Impfsituation und der konsequenten Einhaltung der Hygieneregeln hoffen wir, vielleicht schon im April wieder in Doppelstärke auf dem Platz zu stehen“, verleiht er seiner Hoffnung auf eine Rückkehr auf den Padel-Platz Ausdruck. Aktuell kann in manchen Bundesländern immerhin Padel im 1 vs. 1 trainiert werden.

Auch beim Rollerderby wird auf den Faktor Impfstoff gesetzt. „Hurra, hurra, der Impfstoff ist da“, lässt sich Val Kyria zitieren. „So schwer es gerade fällt, wir alle schauen hoffnungsvoll auf das Frühjahr“, betont die Pressesprecherin von Rollerderby Germany. Im Frühjahr hofft sie darauf zumindest in Kleingruppen draußen trainieren zu können – zumindest so lange bis die Sporthallen wieder zugänglich sind.

Bis das soweit ist gelten für alle Sportarten ähnliche Faustformeln. Fitness trainieren, die Community stärken, Rahmenbedingungen verbessern und so den Sport in der Pandemie voranbringen. Ganz wichtig dabei: den Optimismus nicht verlieren. Denn selbst wenn der Tunnel lang und dunkel ist – am Ende wartet das helle Licht!


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