Roundnet: Vom Gartenspiel zur Trendsportart
von Hannah Wolff
Wer Anfang der 2010er Jahre in den USA an Stränden oder in Parks unterwegs war, hat sich damals noch gewundert. Was diese vermeintlich neuen, runden, wie Minitrampolins anmutende Sportgeräte wohl sind? Vier Spieler*innen bewegen sich um das Gerät herum und schlagen einen kleinen Ball auf das Netz. Spikeball heißt der Sport, erfährt man auf Nachfrage. Gespielt wird er ähnlich wie Beachvolleyball, aber in alle Richtungen, sozusagen 360 Grad. In den folgenden Jahren ist dieser Anblick in den USA kein seltenes Bild mehr. Spätestens seit der Gründer des Unternehmens “Spikeball Inc.”, Chris Ruder, 2015 in der Fernsehsendung “Shark Tank” (deutsches Äquivalent: Die Höhle der Löwen) sein Produkt vorgestellt hat, kennt fast jeder US-Amerikaner die Freizeitbeschäftigung. Aber auch in Deutschland sieht man inzwischen immer mal wieder eine Gruppe Menschen um ein Spikeball-Set versammelt. Hat also Chris Ruder den Sport erfunden und in die Welt exportiert? Ganz so einfach ist die Sache nicht.
Dieser Artikel ist Teil der Reihe “Woher kommt eigentlich…?”. Dabei berichten wir von den Ursprüngen des Sports. Wenn du weitere Ausgaben lesen möchtest, klicke hier.
Liebe auf den ersten Schlag
Die Ursprünge von Spikeball gehen zurück bis ins Jahr 1989. Jeff Knurek - frisch von der Uni - hatte gerade seinen ersten Job bei der Spielzeugfirma I.D.E.A. angetreten. Für die Entwicklung eines Spiels, experimentierte er einige Zeit mit verschiedenen Netzformen und Gegenständen, die er auf das waagerechte Netz warf, bis er sich schließlich für ein rundes, hoolahoopgroßes Netz und einen etwa tennisballgroßen Plastikball entschied und die Grundzüge der heutigen Roundnet-Regeln festlegte. Tomy Games kaufte die Idee und verhalf so Jeff Knurek zu seinem ersten Markterfolg. Bis etwa 1995 vertrieben sie das Gartenspiel unter dem Namen Spikeball. Doch dann geriet es in Vergessenheit und verschwand vom Markt.
Die Marke wird für 800 Dollar verkauft
Es ist ein glücklicher Zufall, der dazu geführt hat, dass der Sport heute die Welt erobert. Im Jahr 2003 fuhr Chris Ruder, mit Freunden in den Urlaub. Mit dabei: ein altes Spikeballspiel, welches einer der Freunde in seiner Garage wiederentdeckt hatte. Für Ruder war es Liebe auf den ersten Schlag.
Er findet heraus, dass es kein Patent auf das Spiel gibt, kauft die abgelaufene Marke “Spikeball” für $800 und vermarktet Spikeball-Sets zunächst aus seinem Keller heraus. Die Bekanntheit steigt und 2014 tritt die große Sportfachhandelkette “Dick’s Sporting Goods” an Ruder heran. Sie möchten Spikeball-Sets in ihren Filialen führen. Dies führt zu einer ersten deutlichen Zunahme der öffentlichen Wahrnehmung von Spikeball. Der Durchbruch gelingt jedoch im darauffolgenden Jahr, als Ruder den Sport in “Shark Tank” vorstellt. Auch wenn die angebotenen Deals letztendlich platzen, ist Spikeball hierdurch einer größeren Masse bekannt geworden.
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Aus Spikeball wird Roundnet
Nun wollen auch andere Firmen ein Stück vom Kuchen und beginnen ähnliche Sets zu produzieren. Um seinen Markennamen zu schützen, tauft Spikeball das Spiel um. Es soll von nun an Roundnet heißen. Spikeball ist nunmehr nur noch der Name des bekanntesten Herstellers von Roundnet-Sets.
Über vier Millionen Menschen betreiben heutzutage diesen Sport. Die meisten davon zwar immer noch in den USA, aber Gemeinschaften in anderen Ländern wachsen. Im September 2020 findet in Belgien die erste Roundnet World Championship statt. Roundnet ist damit endgültig in der ganzen Welt angekommen.
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