Schießerei, mysteriöse Krankheit und ein Streit der Verbände - die kuriose Padel-WM 2019

 

von Christian Böhnke

Das ist auf den ersten Blick keine gute Rechnung…Auf den zweiten auch nicht.

Das ist auf den ersten Blick keine gute Rechnung…Auf den zweiten auch nicht.


Padel ist mein Sport. Seit einigen Jahren spiele ich schon im Nationalteam. Im Sommer 2018 qualifizierten ich mich mit der deutschen Nationalmannschaft für die Padel WM in Paraguay am Ende des Jahres. Als es Richtung Winter ging, entflammte in Deutschland abermals ein Machtkampf zwischen den beiden damals bestehenden Verbänden. Dies führte dazu, dass unsere WM-Teilnahme lange auf der Kippe stand. Kurz vor der WM war ich 10 Tage im Urlaub in Portugal - die Hälfte dieser Zeit verbrachte ich damit zu telefonieren und zwischen den Verbänden zu vermitteln. Am Ende wurde unsere endgültige Meldung von Verbandsseite zwei Minuten vor Meldeschluss abgegeben.

Für mich ging es am 23. Oktober aus Portugal wieder nach Hause. Konkret hieß das: 21 Uhr Ankunft in Hannover, 16 Uhr am nächsten Tag Abflug nach Paraguay aus Frankfurt. Es gab in meinem Leben schon deutlich entspanntere Zeiten. Zumal 13 Tage nach meiner Rückkehr die Klausuren meines ersten Staatsexamens auf mich warteten, aber die Vorfreude auf diese einmalige Erfahrung war riesengroß und ließ den ganzen Stress in Vergessenheit geraten. Zu Unrecht.

24 Stunden nach Abflug erreichten wir Asuncion, die Hauptstadt Paraguays und Austragungsort der WM. Die erste Trainingseinheit bei 33 Grad und einer Luftfeuchtigkeit, die man aus Deutschland nicht gewohnt ist, verlief gut.

Am zweiten Tag sollte das Elend dann jedoch seinen Lauf nehmen. Das morgendliche Training war zunächst unauffällig, allerdings fühlte ich mich gegen Ende bereits immer schlapper. Ich hatte zunächst einen Sonnenstich im Verdacht. Auf dem Weg zur Nachmittagseinheit wurde mir jedoch so schlecht, dass unser Fahrer auf dem linken Streifen einer Autobahn halten und ich mich auf dem Grünstreifen in der Mitte übergeben musste. Verkehrstechnisch war das kein Problem, zumal auf dem ein Meter breiten Mittelstreifen der jeweils dreispurigen Straße auch Obst und Gemüse verkauft wurde.

Nach drei Minuten dort auf dem Boden fühlte ich mich zunächst besser. Ich hatte die Hoffnung, dass sich mein Magen an das Essen vor Ort einfach noch nicht gewöhnt hatte. Doch diese Hoffnung war vergeblich. Mein Magen rebellierte auch weiterhin.

Am Trainingsgelände angekommen war meine letzte Amtshandlung für die nächsten vier Tage das Mannschaftsfoto. Was danach folgte, ist nicht sonderlich appetitlich und gehört deshalb wohl nicht in diesen Text.

Nachdem ich in der Nacht keine zehn Minuten am Stück schlafen konnte und immer zwischen Bad und Bett unterwegs war, waren zudem Schüsse vor dem Hotel zu hören. In dem Moment hätte ich mich vermutlich überall anders auf der Welt wohler gefühlt.

Am nächsten Morgen haben wir unsere Zimmeraufteilung geändert, da inzwischen die halbe Mannschaft ähnliche Symptome hatte. So wurde unterteilt in normale Zimmer und Quarantäne-Zimmer. Meinen neuen Zimmernachbarn und mich hatte es so erwischt, dass uns zwei Offizielle von der Turnierorganisation in eine Klinik gefahren haben, um unsere Körper- und Blutwerte zu checken. Zum Glück hatten die beiden deutsche Vorfahren, sodass wir uns auf Deutsch mit Ihnen unterhalten konnten und sie für uns die Kommunikation in der Klinik übernehmen konnten. Am Ende sind wir mit zwei Tüten Medikamenten zurück ins Hotel gefahren.

Von Tag zu Tag wurde es dann immer besser, jedoch war es für mich aussichtslos, an den Gruppenspielen gegen Chile und Brasilien teilzunehmen. Zum letzten Gruppenspiel gegen die Niederlande ging es allmählich wieder, sodass ich dort mit meinem Partner das entscheidende Match zum 2:1-Sieg gewinnen konnte. Das war allerdings immerhin vier Tage nach dem Ausflug auf den Grünstreifen.

Danach normalisierte sich alles mehr oder weniger wieder, jedoch haben wir einen großen Bogen um das paraguayanische Essen gemacht, das wir als Auslöser für unsere körperlichen Probleme ausgemacht hatten. Sportlich folgte noch ein Sieg gegen Australien und zwei knappe Niederlagen gegen Mexiko und Großbritannien, wobei das schon etwas in den Hintergrund geriet. 

Am Ende waren alle nur noch froh, als wir wieder deutschen Boden unter den Füßen hatten. Natürlich ist man sich darüber bewusst, dass das Leben in Südamerika etwas anders ist als in Europa oder Deutschland, aber dieses Gefühl von Sicherheit verliert man irgendwann, wenn jedes Cafe und jede Bar von einem Türsteher mit einer Shotgun bewacht wird. Insofern war es am Ende keine schöne, aber eine sehr prägende Erfahrung.

Christian Böhnke spielt seit 2014 Padel. Der mehrfache nationalspieler wurde zudem 2019 deutscher Meister.


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