Turniere im zweiten Pandemie-Jahr: Hoffen erlaubt, sicher ist nichts
von Daniel Knoke
Es gibt Hoffnung für den unpopulären Sport. Gemeinsames Training ist in den meisten Bundesländern inzwischen wieder möglich. Nach einem halben Jahr Sportverbot (zumindest in den Teamsportarten) dürfen die Bälle wieder fliegen, Schläger wieder geschwungen werden und ganz generell gilt: „Echter“ Sport (Joggen und Radfahren zählen nicht) findet wieder statt.
Doch bei aller berechtigten Euphorie bleibt festzuhalten: Gemeinsamer Sport definiert sich hauptsächlich über Wettkämpfe. Vor allem auf Turnieren und auf Ligaspieltagen wird die viel beschworene Gemeinschaft gelebt. Wie sieht es also aus im unpopulären Sport? Sind dieses Jahr noch Turniere möglich? MUS hat nachgefragt und die Antworten fallen durchaus unterschiedlich aus.
Im Quidditch ist die Aussage klar: „Wir haben beschlossen, keine weiteren Turniere für das laufende Jahr zu planen,“ sagt David Bentz, Vizepräsident des deutschen Quidditchbunds. Das sorgt natürlich für lange Gesichter in der deutschen Quidditch-Szene. Schon 2020 gab es kein Quidditch-Turnier in Deutschland. Nun wird es 2021 ebenfalls keine Turniere geben. Der organisatorische Aufwand scheint zu groß. Bentz führt die Thematik weiter aus: „Das ist nicht nur für uns frustrierend, sondern auch für Menschen, die Zeit in eine Bewerbung stecken.“ Problematisch sei vor allem, wenn ein Turnier mit viel Aufwand geplant wird und dann doch wieder abgesagt werden muss.
Diese Entscheidung kann dazu führen, dass es im Quidditch zwei komplette Jahre keinen einzigen Wettkampf gibt. Schließlich gab es auch im August/September 2020 keinen Ligaspieltag. Das ist ein Unterschied zu anderen unpopulären Sportarten, die diese Zeit für kleinere Wettkampf-Formate genutzt haben. Ob eine mögliche zweijährige Wettkampfpause alle deutschen Quidditchteams überstehen, darf zumindest bezweifelt werden. Insofern bleibt nur die Hoffnung, dass im Herbst diesen Jahres zumindest der eine oder andere Ligaspieltag stattfindet. Sonst steuert Quidditch in eine sehr ungewisse Zukunft.
Sportarten wie Jugger oder Australien Rules Football sind hier zumindest ein kleines bisschen weiter. Im Jugger sind „eine Handvoll Turniere geplant“, wie Gremiumssprecher Julian „Simba“ Röntgen betont. Allerdings sind auch diese Turniere keinesfalls sicher. Ob sie stattfinden „hängt direkt vom Pandemiegeschehen ab.“ Vor wenigen Wochen zeigte sich Röntgen diesbezüglich noch pessimistisch. Inzwischen entwickeln sich die Infektionszahlen sehr positiv, dementsprechend größer ist die Hoffnung auf Jugger-Turniere im Sommer oder Herbst.
Die deutsche Liga im Australien Rules Football (AFL Germany) hat sogar noch konkretere Vorstellungen. Der geplante Saisonstart für Anfang Juni musste zwar abgesagt werden, doch aktuell laufen die Planungen für eine Liga-Saison von August bis Oktober. Allerdings spielt auch hier beim Thema Wettkampf, ähnlich wie beim Quidditch, die Tatsache eine Rolle, dass „Footy“ ein Vollkontaktsport ist. „Die besondere Voraussetzung für uns ist, dass alle Teams vor Beginn der Saison mindestens vier Wochen uneingeschränktes Training absolvieren müssen“, erläutert Stefan Knoll, Präsident der AFL Germany, die Lage. „Dies ist mit Blick auf unseren Vollkontaktsport unerlässlich, um die Gesundheit aller Sportler zu gewährleisten“, führt Knoll weiter aus.
Wesentlich entspannter sind die Voraussetzungen in Pandemie-Zeiten bei einem Sport wie Roundnet. Es ist kein Vollkontaktsport und natürlich auch kein klassischer Teamsport. Schließlich treten 2er-Paare gegeneinander an. „Die einzige Hürde ist die Anzahl der maximal erlaubten Personen auf einem Turnier“, erklärt Philipp Kessel aus dem Vorstand von Roundnet Germany. Ab 30 Personen ergibt ein Roundnet-Turnier laut Kessel Sinn. Dementsprechend optimistisch ist er vor allem für kleinere Turniere aus der Community heraus. Diese sollen nach Möglichkeit ähnlich wie im Spätsommer 2020 ausgerichtet werden.
In den späten Sommermonaten ist auch die Deutsche Meisterschaft geplant. „Wie groß das Turnier werden kann, liegt nicht in unseren Händen“, schränkt Kessel ein. Er zeigt sich aber optimistisch, dass die DM tatsächlich stattfinden wird. Anders als die Roundnet-Weltmeisterschaft: Diese wurde vom Weltverband IRF erneut um ein Jahr auf 2022 verschoben. Was aus der ebenfalls geplanten Europameisterschaft wird, ist noch unklar.
Eine solche Ungewissheit zieht sich als einheitlicher „roter Faden“ durch die verschiedenen Sportarten. Im zweiten Pandemiejahr ist nur klar, dass nichts klar ist. Hoffen auf verschiedene Wettkampf-Formate in den nächsten Monaten ist erlaubt, doch Definitives gibt es kaum zu vermelden. Insofern bleibt allen Fans des unpopulären Sports nur eins: Abwarten und auf weiterhin sinkende Infektionszahlen hoffen.