Frauen schlagen erstmals alleine auf

 

von Max Martens

Leider noch zu selten Realität: vier Frauen spielen am Netz, die Männer gucken zu. V.l.n.r.: Alexa Peusch aus Gießen, Ricarda Witt (Frankfurt), Julia Roxin (Gießen), Mirjam Dieckelmann (Frankfurt). Bis auf Roxin sind alle bei den Women’s Masters in …

Leider noch zu selten Realität: vier Frauen spielen am Netz, die Männer gucken zu. V.l.n.r.: Alexa Peusch aus Gießen, Ricarda Witt (Frankfurt), Julia Roxin (Gießen), Mirjam Dieckelmann (Frankfurt). Bis auf Roxin sind alle bei den Women’s Masters in Frankfurt dabei.

© Roundnet 069


Knapp eine Woche nach dem Weltfrauentag, genauer gesagt am 14. März, findet in Frankfurt das erste deutsche Roundnet-Turnier nur für Frauen statt. Organisiert werden die Women´s Roundnet Masters Germany von der Frankfurter Community “Roundnet 069”. Im Januar 2019 veranstalteten sie ihr erstes Turnier und “der Wunsch nach einem weiteren wurde immer größer”, erklärt Lukas Eisenträger. Er ist Spieler bei den 069er und Teil des Orga-Teams. “Wir haben uns gefragt: Was können wir anders machen? Was braucht der Sport?”, fährt Eisenträger fort und erzählt, dass die Mitspielerinnen seines eigenen Teams ihn auf die Idee eines reinen Frauenturniers gebracht haben. 

Selbst Damen-Divisionen sind in Deutschland noch eine Seltenheit

Oft ist eine Mixed-Division bei der Planung eines Turniers wegen des ungleichen Verhältnis von Spielerinnen und Spielern leichter zu realisieren als eine Damen-Division.© Roundnet 069

Oft ist eine Mixed-Division bei der Planung eines Turniers wegen des ungleichen Verhältnis von Spielerinnen und Spielern leichter zu realisieren als eine Damen-Division.

© Roundnet 069

Bei allen Turnieren der German Roundnet Tour, dessen Schirmherr der Verband Roundnet Germany (RG) ist, gibt es eine Herren-Division und zusätzlich oft eine Mixed-Division, statt einer Damen-Division. Auch in der Liga, die diesen Winter zum ersten Mal ausgetragen wurde, werden bei den Team-Matches zwei Herren- und Mixed-Spiele, aber nur ein Damen-Spiel absolviert. Bei einem Blick in das aktuelle Ranking von RG werden die Zahlen deutlicher: Bei den Herren werden 198 Platzierungen aufgelistet, bei den Frauen nur 62. Bedenkt man, dass bei Punktgleichheit verschiedener Personen eine Platzierung mehrmals vergeben wird, gehen die Zahlen noch weiter auseinander. An diesen Verhältnissen wollen die Frankfurter nun rütteln und einen Stein ins Rollen bringen.

Dabei arbeiten sie unter anderem eng mit dem Hochschulsport zusammen, der es ihnen ermöglicht, ihre Idee umzusetzen. In dem Sportkurs sind ungefähr zur Hälfte Frauen und Männern aktiv und die Frankfurter stellen gleich sieben Teams bei den Women’s Masters. Auch innerhalb der Frankfurter Community sind die Organisationsaufgaben gut verteilt. “Es ist wichtig, dass es ein Gemeinschaftsprojekt ist”, sagt er und freut sich, dass es “viele motivierte Spielerinnen, die den Sport voranbringen wollen” gibt. Dass so viele Menschen in der Organisation involviert sind, findet Eisenträger besonders schön, denn so kann man sich in allen Bereichen unter die Arme greifen und jede*r kann Verantwortung übernehmen. 

Roundnet Germany war direkt begeistert

“Wir wollen dem Frauensport mehr Aufmerksamkeit und Bedeutung geben”, erklärt Lukas Eisenträger. Er hofft, dass für einige Frauen die Hürde zur Anmeldung dadurch geringer ist, dass es eben keine Herren- oder Mixed-Konkurrenz gibt. Allein die Frauen stehen bei diesem Turnier im Mittelpunkt. Umso mehr freut sich Eisenträger, dass RG das Turnier als offiziellen Stop in seine Tour aufgenommen hat. Das Women’s Masters bekommt so eine größere Bedeutung, denn jetzt wird in Frankfurt auch um Punkte für das offizielle Ranking gespielt. Generell war der RG-Vorstand begeistert von der Idee eines reinen Damenturniers und unterstützte die 069er von Anfang an. Gerade was das Gameplay angeht, stellt RG seine kompletten Ressourcen zur Verfügung. 

Für die Masters gibt es 32 Startplätze. Im Moment sind allerdings nur 29 Anmeldungen eingegangen. Natürlich wäre es schön das Turnier voll zu bekommen, “aber auch bei der EM letztes Jahr gab es nur 32 Teams”, erläutert Eisenträger das Verhältnis, “dementsprechend können wir zufrieden sein”. Für diese Teilnehmerinnenzahl plant das Orga-Team aktuell mit sechs Gruppen á fünf bzw. vier Teams. In diesen werden pro Spiel zwei Sätze ausgetragen, ein Unentschieden ist möglich. Es wird jeweils bis zum Hard Cap (HC) 15 gespielt. Danach wird anhand des Abschneidens in der Vorrunde eine Setzliste erstellt, womit das Championship-Bracket aufgestellt wird. Dort werden die Duelle um einen möglichen dritten Satz erweitert, denn ein Remis wird nicht mehr möglich sein.

Wichtig: Es sollen alle Plätze ausgespielt werden, damit jedes Team genügend Spiele bestreiten kann. Die Platzierungsspiele unterhalb des Halbfinals werden jedoch in einer gekürzten Variante bei einem Satz bis 15 und einem HC bei 21 gespielt.

“Wer von so weit herkommt, hat sicher etwas vor”

Die aktuelle Top-10 der Frauen in Deutschland.Quelle: https://www.facebook.com/roundnetgermany/

Die aktuelle Top-10 der Frauen in Deutschland.

Quelle: https://www.facebook.com/roundnetgermany/

Es wird auf jeden Fall spannend, wer sich den Titel der ersten Women’s Roundnet Germany Masters holen wird. Die beiden top-platzierten Stadler-Schwestern aus München werden in Frankfurt nicht dabei sein. Dafür zählt Eisenträger die Teams “merleni” mit der Mixed-Europameisterin Merle Reitz aus Köln, “Last Picks” mit Alexa Peusch aus Gießen und Paula König aus Siegerland, “Strong and Spicy” mit Nora Haas, die das Frauen-Ranking anführt und “Like a Rocket in the Pocket”  mit Daniela Kadlec und Feliz Alinci aus Wien zu den Favoritinnen auf den Turniersieg. 

Gerade letztgenannte sind so etwas wie ein unbeschriebenes Blatt. Kadlec und Alinci bilden das einzige Team, das nicht aus Deutschland kommt. “Und wer von so weit herkommt, hat sicher etwas vor”, vermutet Eisenträger. Welches Team auch immer am Ende ganz oben stehen wird, es darf sich über 550 Punkte für das Roundnet Germany-Ranking freuen. Außerdem sind die sechs Frauen, die am Ende das Podium erreichen, automatisch für die Sichtungstrainings des deutschen Nationalteams qualifiziert. Es darf also mit einer ordentlichen Portion Ehrgeiz gerechnet werden. Auch Lukas Eisenträger erwartet “top Ballwechsel und spannende Spiele”.

Vom Netz an den Tresen

Doch wie so oft, soll der Spaß nicht zu kurz kommen. Das Orga-Team hat bereits einige lustige Aktionen vorbereitet, die logischerweise nicht verraten wurden. Nach Abschluss des Turniers ist außerdem ein gemeinsamer Abend geplant. Die 069er haben dafür extra eine Apfelweinkneipe gemietet, um “in uriger, typischer Frankfurter” Atmosphäre den Tag ausklingen zu lassen.

Eisenträger, der sich bereits einen Platz beim Sichtungstraining der Natio gesichert hat und seinerseits das Herren-Ranking anführt, freut sich darauf, viele bekannte, aber auch neue Gesichter in Frankfurt begrüßen zu dürfen. “Man kennt sich innerhalb der Communities und man kann im Prinzip der ganzen Halle ‘hallo’ sagen”, schwärmt er.

Achja, eine Pointe zum Schluss noch: Das Recherche-Gespräch für die Entstehung dieses Textes haben ausgerechnet zwei Männer geführt - das kann man im besten Fall als Ironie dieser Geschichte abstempeln.



Women’s Roundnet Germany Masters

Datum: 14.03.2020

Ort: Sportcampus Ginnheim, Ginnheimer Landstraße 39, 60487 Frankfurt am Main

Uhrzeit: 09:00 bis 20:00 Uhr


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