No-Hit-Zone: Die Kontroverse geht weiter

 

von Max Martens

Die No-Hit-Zone, der eingekreiste Bereich um das Netz, darf beim Schlagen auf das Netz mit keinem Körperteil berührt werden.© Future Roundnet

Die No-Hit-Zone, der eingekreiste Bereich um das Netz, darf beim Schlagen auf das Netz mit keinem Körperteil berührt werden.

© Future Roundnet


Vor wenigen Wochen wurde bei den Bavarian Open in München erstmals ein Roundnet-Turnier in Deutschland mit No-Hit-Zone (NHZ) gespielt. Und das obwohl der deutsche Dachverband Roundnet Germany (RG) diese Regel hierzulande gar nicht eingeführt hat.

Anfang des Jahres veröffentlichte die Spikeball Roundnet Association (SRA), ein Unternehmen aus den USA, das zur Firma Spikeball gehört, einige drastische Regeländerungen. Diese Änderungen gingen wie ein Beben durch die weltweite Roundnet-Community. Schließlich würden sie das Spiel deutlich verändern. Roundnet Germany hatte nach anfänglicher Zurückhaltung schließlich drei der neuen Regeln übernommen. Die am meisten diskutierte Regeländerung wurde allerdings weiter außen vorgelassen: die sogenannte No-Hit-Zone.

Philipp Kessel von RG begründete diese Entscheidung folgendermaßen: „Für den begrenzten Zeitraum bis zur DM, wollten wir Chancengleichheit für alle schaffen! Durch die Kontaktbeschränkungen war es für die überwältigenden Mehrheit nicht möglich die No-Hit-Zone zu testen und zu trainieren. Das wird erst jetzt langsam wieder möglich“.

Doch manche Teile der deutschen Roundnet-Community haben sich schon länger mit der NHZ auseinandergesetzt. Das junge Team von Future Roundnet, einem Verbund von Spieler*innen aus München und Graz, ist von den neuen Regeln derart begeistert, dass sie diese in einem größeren Rahmen testen wollten. Aus diesem Grund wurde Ende Juni die ersten Bavarian Open ausgetragen. „Die Entscheidung fiel uns relativ leicht. Es macht uns persönlich mehr Spaß, mit den SRA-Regeln zu spielen“, sagt Jakub Popluhar von Future Roundnet. Zusammen mit Kjell Kühne hat er das Turnier in kurzer Zeit auf die Beine gestellt. 

Kjell Kühne (links) und Jakub Popluhar (rechts) mit dem zweitplatzierten Team der Mixed-Division.© Future Roundnet

Kjell Kühne (links) und Jakub Popluhar (rechts) mit dem zweitplatzierten Team der Mixed-Division.

© Future Roundnet

Das Turnier war in eine Mixed- und zwei Open-Divisionen, also offen für alle, aufgeteilt. Die Open waren jedoch ausnahmslos von reinen Männerteams besetzt. Die NHZ kam dabei nur bei einer Open der Herren, mit “Vollgas” betitelt, zum Einsatz.

„Die meisten Spiele auf mittlerem Level haben genug Ballwechsel und deswegen ist eine NHZ nicht notwendig“, erläutert Popluhar diesen Sonderweg. Auch in den USA wird die NHZ nur auf Top-Niveau eingesetzt. So kam es auch bei den Bavarian Open zu einer Trennung nach Niveau und die besseren Teams meldeten sich für die Division mit NHZ an.

Diese Zweigleisigkeit ist ein Punkt, den RG von Anfang an kritisierte: “Wenn eine Regel nicht geeignet ist, um allgemeingültig zu sein, sollte man sie aus unserer Sicht nicht anwenden”, schrieb der Dachverband in seinem ersten offiziellen Statement zu den Regeländerungen Anfang des Jahres.

Die Mixed-Division, hier das Finale, wurde ohne No-Hit-Zone gespielt.© Future Roundnet

Die Mixed-Division, hier das Finale, wurde ohne No-Hit-Zone gespielt.

© Future Roundnet

Dass Roundnet Germany hier durchaus ein wichtiges Thema benennt, kann wohl niemand leugnen. Die Herren-Teams automatisch in der Regel-Aufmerksamkeit über die Mixed-Teams zu stellen, ist außerdem ein Punkt, der wieder eine andere Diskussion aufwirft. Schließlich liegt der Fokus oft auf den “starken” Divisionen und es droht die Gefahr, “dass das Mixed-Turnier aus der Professionalisierung herausfällt”, wie Mixed-Europameisterin Merle Reitz im MUS-Interview befürchtet.

Doch zurück zu den Bavarian Open. Stellt sich die Frage, ob die No-Hit-Zone auf hohem Level den gewünschten Erfolg gebracht hat? „Ich hatte das Gefühl, dass die NHZ Offensive und Defensive mehr ins Gleichgewicht rückt“, urteilt Lucca Hardes vom Siegerteam Bonster. Extra dafür trainiert habe er wegen der unklaren Regelsituation in Deutschland noch nicht, die Regel jedoch in der Freizeit bereits getestet.

Lucca Hardes (grün) schaut auf die Angabe von Felix Arnoldy im Finale der “Vollgas”-Division.© Future Roundnet

Lucca Hardes (grün) schaut auf die Angabe von Felix Arnoldy im Finale der “Vollgas”-Division.

© Future Roundnet

Dasselbe gilt für Benny Bachler, dem amtierenden Europameister aus Österreich und Teil des Future Roundnet Teams. Bei den Bavarian Open belegte er mit seinem Spielpartner Felix Arnoldy aus Regensburg den zweiten Platz. „Bei uns in Graz, haben wir meiner Meinung nach definitiv mehr defensive Touches mit der NHZ“, sagt Bachler, sieht darin aber noch keine endgültige Lösung. „Ich denke, dass wir immer versuchen sollten den Sport zu verbessern und neue Ideen oder neues Equipment auszuprobieren, da steckt noch so viel drin“, ist sich Bachler sicher.

Wie genau das Aussehen könnte, mögen weder die beiden Finalisten noch das Future Roundnet-Team sagen. „Wir tragen gerne zur Entwicklung der Sportart bei, allerdings kennen wir auch unsere Limits und Ziele. Regeländerungen überlassen wir den Verbänden“, sagt Jakub Pophular.

Mögliche Ideen sind ein höheres Netz oder größere Bälle, um das Schlagen für die Offensive weiter zu erschweren. Wie genau das Auszusehen hat, liegt jetzt in der Hand des neu gegründeten Weltverbandes International Roundnet Federation (IRF). So hofft es zumindest Philipp Kessel von RG, der sich ein international anerkanntes Regelwerk wünscht.

Jakub Popluhar (rote Cap) verteidigt den Ball gegen das Siegerteam Bonster.© Future Roundnet

Jakub Popluhar (rote Cap) verteidigt den Ball gegen das Siegerteam Bonster.

© Future Roundnet

Auch wenn sich Hardes und Bachler weitere Turniere mit einer NHZ wünschen, war diese umgesetzte Regel kein entscheidender Grund, sich bei den Bavarian Open anzumelden. „Das waren eher die Leute, die auch dort warten“, bekräftigt Hardes. Die Community steht weiter im Vordergrund.

Und sie wird in Deutschland kräftig mit in den Regelfindungsprozess eingebunden. Erst kürzlich veröffentlichte Roundnet Germany eine Umfrage zu den aktuellen Änderungen, um Feedback zu sammeln und eine Datengrundlage zu schaffen. Auch das Team von Future Roundnet gesteht: „Leider haben wir keine Statistik (aus zeitlichen und finanziellen Gründen) für die Spiele und somit müssen wir uns auf unsere subjektive Meinungen verlassen.“ Dieses ist weiterhin von der Stärke der NHZ überzeugt. Die Diskussionen um die No-Hit-Zone werden so schnell wohl nicht abnehmen. Doch eine gemeinsame und respektvolle Auseinandersetzung zwischen Verband und Communities wird dem jungen Sport helfen, weiter zu wachsen.

 

Weitere Fotos von den Bavarian Open gibt es auf dem Instagram-Account von Future Roundnet.


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